Marion Gamerschlag

Marion Gamerschlags Kunst ist ein Erlebnis von greifbarer Plastizität: man spürt ihre Bewegungsimpulse in den Schichtungen der Farbpigmente. Der Entstehungsprozess der Bilder ist durch die sehr körperliche Arbeitsweise der Künstlerin geprägt und verleiht den Werken eine eigenwillige Energie. Der Farbauftrag erfolgt mit Fingern, Händen, Handflächen und Armen. Sie reibt, presst, wischt – oftmals liegend auf dem Malblatt – und am Ende scheint es, als sei sie über das Bild getanzt. Manchmal kratzt und reißt die Tänzerin mit den Nägeln oder mit spitzen Gegenständen die Oberfläche auf: zart, matt – und je nach innerem Befinden – auch mal ungestüm, wild, unablässig in scheinbar endlosen Kreisen, fast bis zur Zerstörung des Farbkörpers. So entstehen vielfarbige, pudrig strukturierte, mehrfach übermalte Oberflächen, die den Betrachter faszinieren.

Die Künstlerin, geboren 1966 arbeitet seit 2012 in der Kunstwerkstatt.

Erhard Post

Erhard Posts kraftvolle Zeichnungen ermöglichen dem Betrachter eine Auseinandersetzung mit der Lebens- und Gedankenwelt des Künstlers. Menschliche Figuren, Tierdarstellungen, andere Geschöpfe und Selbstportraits erzählen von Erlebtem und Erdachtem. Seine in leuchtenden Ölpastellkreiden gearbeiteten Figuren, setzt er kontraststark und flächig auf das, häufig farbige, Papier. Er komponiert sie mit eloquenter Farbwahl. Es entstehen starke Figuren mit kolorierten Gesichtern, wehrhafte Charakterköpfe, lebensbehauptend. Sie bevölkern als eindrucksvolle (Menschen-)Wesen seine Bilder und blicken frontal auf die Betrachter. In Portraits oder in dynamisch komponierten kleineren Gruppenformationen von 3-5 Figuren erzählen die Bilder von Erhard Post wie er sich selbst und die Welt wahrnimmt.

Der 1955 geborene Künstler arbeitet seit 2013 in der Kunstwerkstatt des TagesZentrums der Albert Schweitzer Stiftung – Wohnen & Betreuen.

Melanie Woste

Die in Lippstadt lebende Aktion-Kunst-Preisträgerin und Mitglied der Künstlergruppe DAS ROTE ZEBRA widmet sich, in ihrer ersten Einzelausstellung in Berlin, technischen Gebrauchsgegenständen und Interieurs der 1970er Jahre. Die Karton-Objekte der Künstlerin werden ergänzt durch Kollagen aus Zeitungspapier, wie z. B. einem Kassettenrecorder, den sie durch Schichtungen von kleinsten Buchstabenschnippseln mit bestechender Detailliertheit kreiert und Zeichnungen/Malerei, z. B. von einer kleinen Serie von alten Fotoapparaten, die sie in bestechend-eleganter Genauigkeit in Aquarell und Tinte umgesetzt hat.

Ausgediente Ton- und Kommunikationsträger wie Fernseher, Radios oder Plattenspieler bildet Melanie Woste in ihren nostalgisch anmutenden Arbeiten im Maßstab 1:1 nach und verwendet hierzu nichts anderes als ebenfalls ausgedientes Verpackungsmaterial: alten Pappkarton. Eine Transformation, die sie mit einer unglaublichen Akribie und Präzision vollzieht.

Die unterschiedlichen Oberflächenstrukturen übersetzt sie sorgfältig Detail für Detail in ein einziges, variantenreich eingesetztes Material – geschnitten, gerissen, glatt, geprägt, gewebt. Die Objekte verharren in ihrer fragilen Perfektion in stummer Funktionslosigkeit, sind stille Zeugen, und fast schon Denkmäler einer Epoche des technischen vor-digitalen Alltagskonsums. Das sehnsüchtig-verklärende Abtauchen schlägt eine Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft und erzeugt so ein Gefühl der Identität und Selbstkontinuität.

Im Frühjahr 2014 erhielt Melanie Woste ein Stipendium der Aktion-Kunst-Stiftung und besucht seither das „Offene Atelier Kirchner“ in Soest. Zudem nimmt sie an allen Sommerakademien teil, die seit 2014 jährlich der Aktion-Kunst-Stiftung durchgeführt werden. 2015 gewann sie den Publikumspreis des alle drei Jahre ausgeschriebenen Aktion-Kunst-Preises.

Haci Sami Yaman

Die Bilder von Haci Sami Yaman sind kontraststarke Kompositionen aus verschiedenen Punkten, Strichen, Linien und kalligraphischen Elementen, die nicht auf den ersten Blick nachzuvollziehenden Regeln zu gehorchen scheinen. Sie ordnen sich zu Mustern oder Formen, es bilden sich Strukturen und Ströme heraus, die eine ganz eigene Faszination vermitteln. Die Bilder scheinen förmlich zu vibrieren, wirken wie aufgeladen durch eine Vielzahl von mitschwingenden Bedeutungen und pulsierenden Energien. Zugleich ähneln sie Luftaufnahmen oder lassen an Skizzen von Landschaftsarchitekten denken. Die spannungsreiche Wirkung der Bilder wird noch verstärkt, wenn man weiß, dass es sich bei Yaman um einen nahezu blinden Künstler handelt. Bei seiner Arbeit stehen ihm spezielle Acrylstifte zu Verfügung. Beim Farbauftrag kann sich der Künstler z.B. durch besonders festes Aufdrücken dieser Stifte oder durch Klopfen orientieren. Yaman, der seit fast 2 Jahren regelmäßig ins Offene Atelier geht, gibt gerne Auskunft über die ihnen zugrunde liegenden Energie-Theorien, Funktionsweisen von Schaltsystemen und anderen philosophisch-technischen Gedankenkonstruktionen. „Er spricht von Systemen, Schaltungen, planetarischen Strukturen. Von Komplexen Interaktionen, von Strömen und Elektrifizierung. Seine Bilder sind Vernetzungen, Verpixelungen, Datenverarbeitung. Er beschreibt Level und Ebenen, Programmierungen, Verstärker“, so Paula Schmidt-Dudek, die Leiterin des Offenen Ateliers St. Hedwig.

Haci Sami Yaman ist Preisträger des Kunstpreises von KRATZER AUTOMATION im Jahr 2019.